Verwesungsgeruch
Wer sagt denn, dass nach einem Mordfall alle Fenster geschlossen sein müssen. Gerade wenn die Leiche schon länger liegt, wäre es für die Ermittler und die späteren Benutzer des Hauses zweckmäßig, wenn ordentlich gelüftet würde. In Gedanken rufe ich das von den letzten Tatort-Folgen in meiner Erinnerung abgespeicherte Material nochmals ab. Zu den Suchoptionen „Fenster öffnen“ und „Verwesungsgeruch“ kommen zwar Ergebnisse, aber keine, die mir in diesem Moment weiterhelfen würden.
Da gibt es beispielsweise regelmäßig neue Mitarbeiter, denen beim Geruch eines Toten furchtbar schlecht wird. Allerdings habe ich noch nie bemerkt, dass einer von diesen einmal ein Fenster geöffnet hätte.
Meistens handelt es sich bei diesen Schauspielern um glückliche Gewinner von Saalwetten, die als Belohnung in einer Szene mitwirken dürfen. Die sind von der Nähe zu den bekannten Schauspielern so sehr fasziniert und vor der Kamera derart nervös, dass sie einfach vergessen, ein Fenster zu öffnen. Stattdessen gibt es entweder die „Taschentuch-vors-Gesicht-und-schnell-aufs-Klo“-Szene oder die Flucht vors Haus. In der Regel ist der Auftritt der ehemaligen Stars aus „Wetten-Dass“ hiermit erledigt.
Als zweites Ergebnis meiner internen Suchmaschine wird mir der immer schlecht gelaunte Fernsehkommissar vorgeschlagen. Der schmiert sich beim Betreten des Tatortes ein Wundermittel gegen den Gestank unter die Nase und öffnet auch kein Fenster.
Es wäre auch ein bisschen langatmig, wenn am Tatort die Kommissare, die Kollegen von der Spurensicherung und der coole Pathologe mit seinem vertrottelten Praktikanten vor Betreten des Tatortes warten müssten, bis sich die schlechte Luft vom Ort des Verbrechens entfernt hat. In diesem Fall könnte man den Entdecker der Leiche bitten, inzwischen die Fenster zu öffnen. Beim Auffinden des Opfers der brutalen Bluttat hat dieser den schalen Geruch sowieso schon in die Nase bekommen.
Mit dieser Vorgehensweise könnte man den Tatort 5 Minuten länger machen und sich die Wartezeit durch eine Toilettenpause, einen Gang zum Kühlschrank oder dem Holen von Knabbereien sinnvoll vertreiben. Somit wäre der Nachteil der nicht vorhandenen Werbeunterbrechungen der öffentlich rechtlichen Fernsehanstalten gegenüber den Privatsendern aufgehoben. Auch dieses Buch ist auf diese Art um zwei überaus interessante Seiten länger geworden.