Alibi
Peter wandte sich in Richtung Eingang, von dem ich ihn leider wegziehen musste.
„Aber es geht doch hier …“
„Nein“, unterbrach ich ihn, „zur Bank geht es woanders lang.“
„Aber …“
Ich stopfte Peter eine Karte in die Hosentasche, er würde es gleich wieder vergessen haben. Alibi perfekt! Wir waren beim Fußball! Zur Erinnerung: Dass Peter auf Anfrage später den Spielausgang nicht mehr wissen würde, war unabhängig davon, ob er das Spiel gesehen hatte oder nicht. Ich selbst würde mir die Zusammenfassung als Allererstes nach getaner Arbeit anschauen. Es tat mir ja selbst in der Seele weh, nicht live im Stadion sein zu können. Aber die Arbeit ging vor.
„Mitkommen!“, zog ich ihn wieder zum Parkplatz. Wir brauchten irgendein unauffälliges Allerweltsauto. Am besten …. Grauer Golf! Perfekt! Der Besitzer beim Spiel, das Auto hier. Ohne Pausenglocke, die es überraschend vom Tatort verschwinden ließ.
Ich stellte folgende Gleichung an:
Das Spiel würde in 30 Minuten beginnen + 90 Minuten Spieldauer + 15 Minuten Pause = perfekte Zeit für einen Bankraub.
Jetzt noch schnell die Nummernschilder getauscht, falls der Besitzer des Golf trotz der Euphorie nach einem gewonnenen Fußballspiel eine Diebstahlsanzeige machen würde. Dieses Mal achtete ich nicht groß auf die Bedeutung der Schilder, sondern ging einfach zwei Fahrzeugreihen weiter und tauschte die Kennzeichen des Golf gegen die eines Seat Bravo. Diese tauschte ich in der Nachbarreihe gegen die eines Fiat Punto, die wiederum zwei Reihen davor an einem Renault Mégane Verwendung fanden. Dessen Kennzeichen schmückten kurz darauf einen VW Caddy, der seine freundlicherweise einem roten Citroen Xsara zur Verfügung stellte. Da der eben Genannte seine Tafeln auch loswerden wollte, gab ich sie dem Skoda Felicia, der, passend zum Fußballspiel, traurig etwas im Abseits stand. Freudig überließ er mir dafür seine Herkunftsnachweise, die ich schließlich an unserem grauen Golf montierte, neben dem Peter bereits auf mich wartete.
Mit ein bisschen Glück würden die Besitzer gar nicht oder erst später bemerken, dass sie mit einer fremden Buchstaben-Zahlen-Kombination unterwegs waren. Mir war es nur wichtig, mit der Durchmischerei für Verwirrung zu sorgen: Manche würden es gar nicht merken, einige ein paar Tage später, andere wiederum lange Zeit gar nicht. Bis herausgekommen sein würde, welches Kennzeichen von welchem Auto tatsächlich gestohlen wurde, würden etliche Tage oder auch Wochen vergehen, wenn es überhaupt jemals ans Tageslicht durchdringen würde. Da nach dem Spiel alle Fahrzeuge den Parkplatz verlassen würden, könnte die Polizei die fehlenden Kennzeichen schwer lokalisieren, weil man ja nicht wüsste, wer hier alles gewesen war. Man müsste warten, bis sich alle gemeldet hätten. Da viele Menschen ihr Kennzeichen jedoch nur bei den ersten Buchstaben zweifelsfrei auswendig wissen, würde vielen der Tausch erst bei der Abmeldung ihres Boliden auffallen.